Eine Liebesbeziehung mit seiner Schülerin Anezka Schulzová ab 1892 brachte Fibich einen zweiten Frühling. Sie inspirierte ihn zu einer Reihe von musikalischen Skizzen, in denen er die Geliebte in Alltagssituationen portraitierte. Die Sammlung wurde unter dem Titel Stimmungen, Eindrücke und Erinnerungen veröffentlicht und diente Fibich als Rohmaterial für spätere Werke. Einige der Skizzen hat er in die Partie der Miranda einfließen lassen. Im September 1893 begann Fibich mit der Arbeit an seiner Oper Der Sturm und vollendete sie ein Jahr später. Die Uraufführung fand am 1. März 1895 am Prager Nationaltheater statt.
Anezka Schulzová blieb bis zu Fibichs Tod seine Geliebte und künstlerische Partnerin. Für seine Opern Hedy, Sárka und Der Fall Arkonas schrieb sie die Libretti, nach seinem Tod im Oktober 1900 veröffentlichte sie seine erste Biographie.
Musik als magische Macht, als Verlockung und Verführung - in kaum einem anderen Bühnenwerk spielt sie eine solch hinreißende Rolle wie in Shakespeares Der Sturm. Musik ist das Zaubermittel, mit dem der Luftgeist Ariel für seinen Herrn Prospero die Geschicke lenkt. Kein Wunder, dass die Komödie bis heute zahllose Komponisten zu Opern und Orchesterwerken inspiriert. Auch der Tscheche Zdenek Fibich (1850 - 1900) erkannte ihr poetisches Potential und schrieb gleich zwei Sturm-Werke: 1880 eine symphonische Dichtung, 1893 / 94 dann die Oper. Wie seine anderen Bühnenwerke auch, kann sie als Bindeglied zwischen Smetanas und Janáceks Werken gelten - ein Juwel, das für das deutschsprachige Theater noch zu entdecken ist.
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